Bei Udo Lindenbergs Besuch in Calw am letzten Wochenende übergab ihm Oberbürgermeister Manfred Dunst auch eine Broschüre der neuen Sonderausstellung im Calwer Hermann-Hesse-Museum. Das Thema »Hermann Hesses übernationales und multikulturelles Denken« traf sofort auf dessen lebhaftes Interesse. Selbst am Abend in der Bar des Teinacher Badhotels blätterte er noch in der Broschüre und fand immer aufs Neue Stellen, die seine Seelenverwandtschaft mit Hesse bestätigen.
Vor den kulturzerstörerischen Folgen von Nationalismus und Rassismus zu warnen, ist seit langem ein Anliegen des Musikers und Texters Udo Lindenberg. Bereits in den 70er-Jahren engagierte er sich bei »Rock gegen Rechts«, in den 80er-Jahren unterstützte er die Friedensbewegung und in den 90er-Jahren formulierte er seine Vision von der »Bunten Republik Deutschland«, in der viele Kulturen friedlich und kreativ zusammenleben.
In einem seiner Songs auf der gleichnamigen Platte warnt Udo Lindenberg zum Beispiel Jugendliche vor den braunen Verführern: »Vom Opfer zum Täter ist’s nur ein kleiner Schritt. Noch gestern ein Nichts und heut marschierst Du mit. Bist’n armes Kind – bist’n dummes Kind. Jetzt stolperst Du mit im braunen Wind. Alte Hetzparolen und die grölst Du mit. Vom Opfer zum Täter ist es nur ein kleiner Schritt …«
Dies korrespondiert mit Hermann Hesses Aussage: »Sobald man die Dinge nationalistisch betrachtet, sieht man die Welt zwar angenehm vereinfacht, aber darum nicht richtiger.«
Für sein gesellschaftspolitisches Engagement bekam Udo Lindenberg 1989 von Bundespräsident Richard von Weizsäcker das Bundesverdienstkreuz am Band. 2005 wurde sein Lebenswerk im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in einer Ausstellung dokumentiert.
In seiner neuesten CD »Stark wie zwei« führt Udo Lindenberg ein »Interview mit Gott«, den er auf Anklagen antworten lässt: »Ihr wisst doch, ich habe eure Welt so schön für euch erschaffen. Doch ihr, ihr habt sie vollgeknallt. Vollgeknallt mit Waffen! Ja, wenn der Mensch nicht weiter weiß, dann macht er mir den Himmel heiß. Doch es nützt kein Beichten und es nützt kein Beten: Kümmert euch jetzt mal selber um euren Planeten!«
Auch dies korrespondiert mit Hermann Hesses politischem Vermächtnis, das dieser 1955 in seiner Friedenspreis-Rede formulierte: »Die Überwindung des Krieges ist nach wie vor unser edelstes Ziel und die letzte Konsequenz abendländisch-christlicher Gesittung.«
Die Hesse-Ausstellung »Weltbürger – Hermann Hesses übernationales und multikulturelles Denken und Wirken« ist noch bis zum 7. Februar 2010 im Hesse-Museum zu sehen. Dort gibt es auch eine Broschüre.