Von Sonja Schwabe
Schon beim Soundcheck wird klar: Das ist heute eine ganz andere Veranstaltung. Nicht nur, dass alles im Zeichen der Udo Lindenberg Stiftung steht, die besten Bands des Songwettbewerbs „Panikpreis“ gegeneinander anspielen werden und die Stiftung ihre Projekte vorstellt – auch dass Udo Lindenberg zeitweise den harten Panikrocker ablegt und in die Rolle des Conférenciers schlüpft, der sein Engagement für Afrika und sein Interesse an der Erhaltung der Gedenkstätten Hermann Hesses kundtut. Die Veranstaltung findet in Tübingen statt, wo der große Dichter als junger Mann seine Schriftstellerkarriere begann. Er machte hier eine Buchhändlerlehre, fand dadurch seinen ersten Verlag, und bewegte sich viel in Studentenkreisen.
Udo L. probt ein paar Songs mit seinen Musikern – die Unplugged-Version von „Ich schwöre“, „Good Bye Sailor“ und „Woddy Woddy Wodka“, zeigt sich beeindruckt von der Riesenleinwand – und macht sich dann gleich wieder auf, rastloser Geselle, der er ist, um eben jene Buchhandlung Heckenhauer in der Tübinger Altstadt zu besuchen. Original-Schriftstücke und Fotos des Dichters sind da zu bewundern, und ein Archiv mit uralten Büchern – inzwischen ist die Buchhandlung ein Antiquariat, geleitet vom Urenkel des damaligen Hesse-Chefs. (…)
Kurze Zeit später geht es tatsächlich los. Die Moderatoren Ben Streubel (SWR3) und Arno Köster (Udo Lindenberg Stiftung) begrüßen den Meister auf der Bühne, der den „bewegenden Augenblick“, in dieser Hesse-Wirkungsstätte zu sein, mit zwei Piano-Balladen einleitet und seine Liebe zu dem Dichter auf diese Weise mit allen Anwesenden teilt. Doch die erste Panikpreis-Band Lotus Theorie wartet schon auf ihren Auftritt, und Udo L. nimmt auf der Empore Platz, um seiner Aufgabe als Jury-Vorsitzender nachzukommen. (…) Autopilot legt los, mit bauchfreien Glitzer-Tops, und Neo Kaliske aus Leipzig bringt auf den Rängen schon jetzt viele Köpfe zum Mitwippen. Ein kurzer Filmbeitrag berichtet über die Arbeit des „Good Hope Centre e.V.“, dessen Tansania-Projekt für Waisen- und Straßenkinder in den letzten zwei Jahren von der Udo-Lindenberg-Stiftung unterstützt wurde – bevor die vierte Panikpreis-Bewerberin Johanna Zeul mit ihrer Bühnenpräsenz, Percussion-Einlagen auf der Akustikgitarre und ihrem sehr authentisch und emotional vorgetragenen „Sandmann“ das Publikum sofort auf ihre Seite zieht.
Udo Dahmen, Leiter der Popakademie Mannheim, wird interviewt und äußert sich aus seiner Erfahrung über einen deutlichen „Trend zum Deutschtexten“. Die Band Kowsky gibt alles und schwitzt dementsprechend, ihr Sound ist extrem klar und wird später unter anderem ein Kriterium sein für die Entscheidungsfindung der Panikpreis-Jury. Und bevor die letzten Finalisten, Tim Plus und Plusband, mit einer sehr originellen Performance in die dritte Runde starten und der Rapper von seiner persönlichen Verbindung zu Hermann Hesse erzählt, stellt Arno Köster kurz das diesjährige Projekt „HOPE Capetown“ vor.
Eine Sonderpreis-Gewinnerin war schon gewählt und performt jetzt live ihren Song, die Vertonung des Hesse-Gedichtes „Buchstaben“, alleine mit ihrem Klavier: Milene Weigert. Sehr selbstbewusst und stimmgewaltig löst sie bei den Zuhörern den absoluten Gänsehaut-Alarm aus – sie fühlt genau, was sie da singt, die Hesse-Poesie in all ihrer Tiefgründigkeit, das spürt man – und dass sie erst 13 Jahre alt sein soll, kann man sich kaum vorstellen.
Ein weiterer Filmbeitrag, diesmal über die Arbeit von „HOPE Capetown“ in ihrem Kampf gegen HIV/Aids, vermittelt tatsächlich das, was sich das Projekt auf die Fahnen geschrieben hat: Hoffnung. (…)
Als krönender Abschluss des Hermann-Hesse-Festivals betreten dann schließlich Udo Lindenberg und sein Panikorchester die Bühne mit den Worten: „Die Sizilianer Deutschlands leben in Tübingen!“ Er drückt sein Bedauern darüber aus, dass die 40-Meter-Rakete leider nicht in die Mädchenturnhalle gepasst hat, liefert aber trotzdem in gewohnter Panik-Manier eine Show vom Allerfeinsten. Zum Abheben, auch ohne Rakete. Sie wird zeitweise unterbrochen – was aber der Stimmung keinen Abbruch tut – zum Beispiel, um die Sieger zu ehren. Ben Streubel bezeichnet die Rock-Profis der Panikband als „siebte Nachwuchsband“ und bittet die Jury-Mitglieder auf die Bühne, die Johanna Zeul für ihre „tollen Texte und extrem überzeugende Performance“ mit dem dritten Panikpreis auszeichnen: 1000 Euro und ein Coaching an der Popakademie Mannheim; Neo Kaliske mit Band hat mit dem zweiten Platz einen Panikkurs in Hamburg und 2000 Euro gewonnen; und den vergoldeten Original-Hut des Panikmeisters bekommt Frontmann Marcus von Kowsky aufgesetzt, der die Jury vor allem mit einem „fantastischen zweiten Song“ überzeugt hat und sich außerdem über die 5500 Euro Preisgeld freut, um damit die Album-Aufnahmen fertigzustellen. (…)
Den ganzen Text finden Sie drüben.
Bildergalerie von Andreas Laich (c) Sparkasse Pforzheim Calw.
Eine Antwort auf „So war das Panikpreisfinale 2010“